Reh springt, Werber feiert, Maulwurf denkt

Erlbruch-Maulwurf, Hammer VerlagDer Herbst ist immer auch die Jahreszeit der Preisverleihungen. Fast kein Tag vergeht, ohne dass eine Persönlichkeit für ihre herausragenden Leistungen ausgezeichnet wird. Gerade wurden in Stockholm wieder die Nobelpreise verkündet. Aber es geht ja auch bescheidener. Keine Branchenmesse, die nicht öffentlichkeitswirksam ihren Branchenprimus auszeichnet. Die Werbebranche ist berufsbedingt besonders kreativ und erfindet regelmäßig neue Preise. Diese werden dann Awards genannt. Den Effie für effiziente Werbung kennen wir ja schon länger. Der neueste Spross heisst Convergators Award. Geehrt werden Persönlichkeiten, die sich als Vorreiter bei der kreativen Verquickung von Online- und Klassik-Werbekampagnen hervorgetan haben. Während der eine Teil der Branche streitet, ob die Kampagnenwirkung wirklich größer ist, wenn zwei unterschiedliche Medien ineinander greifen, feiert der andere Teil unbeirrt die Award-Premiere. Bleibt nur zu wünschen, dass sich die Ausgezeichneten selber nicht zu wichtig nehmen. Der kürzlich mit dem Hans-Christian-Andersen-Preis, der international höchsten Auszeichnung für Kinder- und Jugendbuchmacher, geehrte Wolf Erlbruch hält es mit den Preisen sogar so:

Ich stehe nicht gerne im Mittelpunkt. Wenn ein Reh im Wald besonders weit springen kann, kümmert sich auch keine Preisjury darum. Nur wir Menschen organisieren und geben einander ununterbrochen Goldmedaillen und Urkunden. (Zitat aus einem Interview mit der Rheinischen Post vom 19.9.2006)

Dann feiert euch mal schön weiter, liebe Werber. Der Maulwurf von Wolf Erlbruch ist der Frage, die ihn bewegte, allerdings erst einmal auf den Grund gegangen. Seine intensiven Nachforschungen hatten ein eindeutiges Ergebnis: Es war Hans-Heinrich der Metzgershund.

Grass‘ PR-Trommel

Blechtrommel Zeichung Max BarthollAls vor zwei Tagen die Meldung von Günter Grass‘ spätem Bekenntnis seiner Mitgliedschaft in der Waffen-SS durch die Nachrichten lief, dachte ich nur, welch wohl platziertes PR-Timing. Denn im September erscheint sein neuer Roman Beim Häuten der Zwiebel und nun sind nicht nur die Feuilleton-Seiten des deutschen Blätterwaldes mit dem Fall Grass beschäftigt. Unter den vielen Stimmen, die sich im Rahmen dieser Debatte äußern, erscheint mir die Meinung von FAZ-Herausgeber Frank Schirrmacher bestechend plausibel:

Das Buch Beim Häuten der Zwiebel war seine letzte Chance. Wenn irgend ein Germanist das eines Tages herausgefunden hätte, bei einem Mann, der so auf den Nachruhm erpicht ist, dann hätte Grass die Debatte nicht mehr selber kontrollieren können.

Ein Beispiel für kontrollierte Krisen-PR wie man es oft bei Konzern-Multis beobachtet, aber selten in der Kultur.

Mogelpackung aus dem Lehrbuch

Mogelpackung SchultüteIn dieser Woche hat für mich die Schulzeit wieder begonnen. Allerdings bin ich davon nur indirekt betroffen. Na ja, so indirekt wie man als Eltern von der Schullaufbahn seiner Kinder eben betroffen sein kann. Aber aus diesem neuen und doch so altbekannten Kosmos Schule, lassen sich Themen aus der Welt des Marketing ableiten. So begegnete mir zum ersten Schultag eine Variante der Mogelpackung, wie sie klassischer kaum sein kann. Sie kam daher in Form einer netten Miniatur-Schultüte für frustrierte jüngere Geschwisterkinder. Meine Schwiegermutter kaufte sie in letzter Minute im Grevenbroicher Süßwaren-Fachgeschäft SUSI. Weiterlesen