Aktionäre mögens asynchron

Die Deutsche Telekom tut’s, Karstadt-Quelle tut’s, auch Hornbach tut’s. Unternehmen nutzen immer stärker Video- oder Audiopodcasting für die Kommunikation mit Aktionären. So werden Bilanzpressekonferenzen, Pressetermine oder andere Firmen-Events online übertragen, da Analysten, Banker oder jüngere Anleger immer seltener die Zeit finden, persönlich an den Hauptversammlungen teilzunehmen. Die asynchrone Kommunikation ermöglicht es die Inhalte der Veranstaltungen auch nachträglich, zu einem selbstgewählten Zeitpunkt zu hören oder zu sehen. Podcasts von Reden der Vorstandschefs gehören zur Zukunft bei Firmen-Events und zur Kontaktpflege zu Kunden, Anlegern oder Partnern. Spezialisierte Dienstleister haben sich auf diesem Feld bereits etabliert. Zu den größten Anbietern zählt die Internet World in der Ausgabe vom 1.6.2006 Netvisions (Nürnberg), Equitystory (München) sowie NC3 (Leipzig.)

Das Publikum an die Macht

Die digitale Revolution kommt gerade erst richtig in Schwung: Die Tage, in denen eine Handvoll Leute bestimmen konnte, was wir hören, sehen, lesen, sind gezählt. In naher Zukunft werden wir alle Programmdirektoren und Chefredakteure sein.

Stefan Niggemeier, Medien-Journalist,  schreibt einen sehr lesenswerten Artikel zum Phänomen der Blogosphäre und Meinungsfreiheit im Netz. Besonders interessant finde ich seine Beobachtung zum Umgang der etablierten Medien mit dem neuen Kommunikationsinstrument Blog:

Der Weg zu einer offenen Diskussionskultur fällt vor allem den etablierten Journalisten schwer

Die Zeiten, in denen Medieninhalte von einer kleinen, relativ homogenen Gruppe von Leuten produziert wurden und dem großen Rest nur das Rezipieren blieb, diese Zeiten sind bald endgültig vorbei. Das Publikum wird in Zukunft bestimmen, wann und in welcher Form es Medieninhalte konsumiert, es wird in einen viel stärkeren und öffentlicheren Dialog über diese Inhalte eintreten, und es wird selbst zum Produzenten von Inhalten.

Es wird nicht damit getan sein, die neuen Kommunikationstechnologien als schöne Attrappen in das eigene Angebot zu stellen. Der Anspruch ist, in einen echten Dialog mit Lesern einzutreten. Bei Interaktivität geht es um mehr als ums Reagieren. Es geht ums Gestalten. Es geht nicht um kontrollierte Autorität. Es geht um geteilte Autorität, so Niggemeier.

Die Realität ist eine andere

Man fühlt sich einigermaßen albern, über solche Konzepte zu diskutieren, wenn man sich die Online-Realität deutscher Medien ansieht. Zu deren Standard gehört es, Foren einzurichten. Hier kann jeder seine Wünsche, Beschwerden, Anregungen, Fragen loswerden – er könnte sie alternativ aber auch auf ein Stück Papier schreiben und verbrennen, mit ungefähr derselben Wirkung. Meist sind diese Foren kleine verwahrloste Interaktivitätsattrappen.

Der vollständige Artikel Die digitale Revolution von Stefan Niggemeier

Mehr als bloß ein Gummiband

U2 Frontman Bono stellte heute auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos eine Marketingkampagne für das neu geschaffene Label RED vor. Die Idee: Markenartikler wie GAP, Armani oder Converse fertigen eigens für RED Produkte. Ein Teil des Gewinns fließt in die Aidshilfe für Afrika. Die Firmen handeln dabei nicht altruistisch. Die Rechnung ist eine andere. Die Industrie verzichtet auf aufwendige Werbekampagnen und setzt auf den PR-Mechanismus Tue Gutes und Rede darüber und auf ein schnelles Rundsprechen des Lifestyle-Labels bei ihrer Zielgruppe mit Geldbeutel und Gewissen. Damit nutzt das Projekt RED die Krise der klassischen Werbung, deren Wirksamkeit mehr und mehr in Frage gestellt wird.  Bono geht dabei einen Schritt weiter als es Lance Armstrong mit dem gelben Gummiband tat. RED bietet konkrete Produkte namhafter Hersteller an, während der gutgemeinte Armschmuck des Radprofis schnell von belanglosen Bekenntnisheuchlern in allen Regenbogenfarben imitiert wurde. Ich hoffe sehr, dass Rot rot bleibt und viel Gutes tun wird.

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