Es ist mal wieder soweit, das Unwort des Jahres wurde bekannt gegeben. Für 2005 entschied sich die Unwort-Jury für den betriebswirtschaftlichen Begriff
Entlassungsproduktivität
Schon mal gehört? Also ich mußte passen. Auch aus dem kleinen Hausfrauen-Test im Freundeskreis resultierten viele Äh’s und Nö’s. Schade eigentlich, denn eine Anregung zu mehr sprachkritischer Reflexion der Bürger, wie es die Jury anstrebt, erreicht mal sicherlich besser durch das öffentliche Rügen von Ausdrücken, die häufig durch die Medien transportiert wurden. Man erinnere sich nur an die Peanuts, das Unwort des Jahres 1994. Der abschätzige Bankerjargon Hilmar Kopper’s löste damals eine Welle der Entrüstung über den Zynismus aus, mit dem Großbanken die Probleme ihrer Kleinkunden behandeln. Oder das Unwort Kollateralschaden, ein NATO-Terminus, der die Tötung von Menschen zur Nebensächlichkeit degradiert. Er wurde 1999 an den Sprach-Pranger gestellt. Diese Beispiele unterstreichen m.E., dass der Prozess des Nachdenkens über die Bedeutung von Wörtern viel intensiver ist, wenn ein aktuell sehr geläufiger Begriff gerügt wird. Um wieviel wirkungsvoller wäre ein Sich-auf-die-Zunge-Beißen jedes Einzelnen, weil ein Unwort schon in den eigenen Wortschatz übergegangen ist, als eines, dass man sich erst mal erklären lassen muss.
Das unbekannte Unwort verpufft und wird als kleine Randmeldung wahrgenommen, so wie der Baum, der Vogel oder das Insekt des Jahres. Eine nette Kurzmeldung halt, die jeder Redakteur gerne in ein spontanes Anekdötchen einbaut.
Entlassungsproduktivität meint eine gleich bleibende, wenn nicht gar gesteigerte Arbeits- und Produktionsleistung, nachdem zuvor zahlreiche für überflüssig gehaltene Mitarbeiter entlassen wurden. Es verschleiert die meist übermäßige Mehrbelastung derjenigen, die ihren Arbeitsplatz noch behalten konnten, Aber auch die volkswirtschaftlich schädlichen Folgen der personellen Einsparung werden mit diesem Terminus schamhaft verschwiegen.
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